Stadtentwicklung – Ein Blick auf die Zukunft Wittens (4)

Kategorie: Stadtentwicklung Veröffentlicht: Samstag, 23. Februar 2013 Geschrieben von René Schlüter
Für René Schlüter ist klar: Die Probleme dieser Politik können nicht durch die Denkweise gelöst werden, mit der sie entstanden sind!
Für René Schlüter ist klar: Die Probleme dieser Politik können nicht durch die Denkweise gelöst werden, mit der sie entstanden sind!

Von René Schlüter – Mitglied im Vorstand von AUF Witten

Zunächst ein kurzer Rückblick auf das im AUFbruch Nr. 4/2012 zuletzt geschriebene: Wir hatten das vorliegende Stadtentwicklungskonzept als sinnentleert bezeichnet, da eine ernsthafte Stadtentwicklung ohne die Bürger ganz einfach nicht zielführend sein kann. Dennoch wollen wir weiter verfolgen, zu welchen Schlüssen man im vorliegenden grundlagenberaubtem Konzept gelangt. Wir verließen die Betrachtung und Zusammenfassung des Stadtentwicklungskonzept Unser Witten 2020 mit den von den städtischen Planern ausgearbeiteten Leitlinien.

Leitlinien von Unser Witten 2020

Zum besseren Verständnis sind diese hier nochmals aufgeführt:

  1. Der traditionsreiche Industriestandort mit hohem Entwicklungspotenzial,

  2. die grüne Stadt an der Ruhr,

  3. Die soziale und gesunde Stadt. Eine lebenslange Perspektive,

  4. Der attraktive Wohnstandort in zentraler Lage im mittleren Ruhrgebiet,

  5. Die sport- und bewegungsfreudige Stadt,

  6. Die Stadt der Kulturen und

  7. Die individuelle und kompakte Einkaufsstadt.

Die sehr im Bereich von Allgemeinplätzen gehaltene Spezifikation der einzelnen Leitlinien wird nun in Verbindung mit dem räumlichen Leitbild gebracht. Im Rahmen des räumlichen Leitbildes „Eine starke Mitte und die Vielfalt lebenswerter Stadtteile“ sollen die einzelnen erarbeiteten Leitlinien der Stadtentwicklung anhand von Karten zu z.B. Wittens Lage im Ruhrgebiet, Gewerbe und Siedlungsstrukturen, Zentren und Freiräumen und Verkehr in Verbindung zur räumlichen Entwicklung der Gesamtstadt Witten gesetzt werden.

Weiterführend werden nun noch durch Profile der einzelnen Wittener Stadtteile deren jeweiliger Charakter und ihre besonderen Merkmale und vorhandene Probleme skizziert. Hieraus wurden nun Masterpläne mit Handlungsempfehlungen für die jeweiligen Leitlinien entwickelt.

„Handlungsempfehlungen“ ...

Die aufgeführten Handlungsempfehlungen beziehen sich auf:

Planung ins Blaue - Bild von: Mathias Bozek-pixelio.de
Planung ins Blaue - Bild von: Mathias Bozek-pixelio.de
Wohnen, Wirtschaft und Wissenschaft, Freiraum, Einzelhandel, Soziales und gesunde Stadt, Verkehr und Mobilität, Stadtbaukultur, Tourismus und Sport. 

Wir beginnen auszugsweise mit einzelnen dieser Handlungsempfehlungen und setzen sie in Relation zur aktuellen Lage in Witten und unseren Ansichten als AUF Witten.

Zu Beginn der Handlungsempfehlung Stadtverträglicher Verkehr und Mobilität wird Mobilität als Grundlage der Entwicklung unserer Industriegesellschaft und eine funktionsfähige Verkehrsinfrastruktur als Voraussetzung für die Entwicklung einer Stadt bezeichnet.

Ebenso wird auf die Abstimmung von Verkehrsinfrastruktur und Siedlungsstruktur (Immissionen des motorisierten Verkehrs) hingewiesen.

Soweit so gut, doch schon als nächstes erfolgt ein mit den hohen Kosten für Ausbau und Unterhalt des Straßennetzes und den Betrieb des öffentlichen Verkehrs begründeter Zwang zur Wirtschaftlichkeit aller Lösungen.

Auch hier unsererseits noch kein Widerspruch, wenn als nächstes jedoch wieder gleich die Berücksichtigung des städtischen Haushalts genannt wird, ist es aber wirklich langsam zu viel.

...Haushaltsbedingt?

Besonders, wenn auch noch versucht wird, anhand von immer weiter zusammengestrichenen Straßenbaumaßnahmen und damit Investitionen in den Verkehrsplanungen von 1966 über 1979 bis 1994, eine historische Argumentationslinie für heute kaum noch mögliche Neuinvestitionen aufzubauen.

Im weiteren Verlauf werden immer noch sehr allgemeine Prognosen zum Verkehrsaufkommen gemacht und verkehrspolitische Ziele aufgestellt. Wirklich interessant wird es erst wieder unter dem Punkt Straßenverkehr.

Hier wird nämlich von einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Straßennetzes durch z.B. die Einrichtung von durchaus sinnvollen Kreisverkehren an mehreren Wittener Kreuzungen gesprochen. Über den maroden Zustand der Straßen selbst wird jedoch kein Wort verloren.

Wie sollen die Kreisverkehre aber zu einer Verbesserung führen, wenn gleichzeitig der immer noch schlechter werdende Zustand der Wittener Straßen ihre Leistungsfähigkeit weiter und weiter hemmt?

Stattdessen nimmt man die Haushaltslage als Gegenargument, obwohl eine ordentliche Sanierung der Straßen diese erheblich verbessern könnte.

Außerdem fällt auf, dass im Wittener Straßennetz auch von unseren Stadtentwicklungsplanern ein Schwachpunkt gesehen wird - nämlich eine fehlende  Nord-Süd-Achse im Stadtteil Annen, deren Lösung man aber mit städtebaulichen und ...( Tusch!) finanziellen Gründen auf die Zukunft verschiebt bzw. ganz ad acta legt.

Fehlender Weitblick

Als nächstes wird sich im vorliegenden Stadtentwicklungskonzept Unser Witten 2020 mit dem sogenannten nicht-motorisiertem Verkehr und hier im Besonderen mit dem Radverkehr auseinander gesetzt. Es wird die Länge des Wittener Radwegenetzes aufgeführt und gerade auch die Wichtigkeit des Radindividual- und Freizeitverkehres betont. Auch hier wird das Ziel einer weiteren Verbesserung ausgegeben.

Analog zum Straßenverkehr fehlt auch hier jeder Blick für bestehende Probleme. Fehlende Radwege an Hauptverkehrsstraßen werden gar nicht erwähnt, wie z.B. an Ardey-, Pferdebach-, Ruhr- und Dortmunder Straße. Auffällig auch die schlechte Radwegeführung in vielen Straßenkreuzungsbereichen, besonders die Führung des Radverkehrs im neuen Busbahnhofbereich.

Die mit Vier minus aktuell schlechte Benotung des Radwegenetzes ist sicher kein Zeichen für eine gute Stadt- und Verkehrsplanung und damit auch nicht für ein gutes Stadtentwicklungskonzept.

Zur Verbesserung der Entwicklungschancen der Stadtteile Annen und Heven wurden nun übergreifende Verkehrskonzepte für die Stadtteilrahmenpläne ausgearbeitet. Als Sonderschwerpunkte wurden deshalb die Bahnquerung Annen und ein funktionsgerechtes Straßennetz Heven ausgearbeitet.

Aufgrund persönlicher Erfahrung zum Thema möchten wir uns nun mit der Bahnquerung Annen auseinandersetzen.

Dieser Bahnübergang ist eine der Hauptursachen für die großen Staus im Annener Zentrum, die mit der gegenwärtigen Schrankenschaltung der Deutschen Bahn noch verschärft wird. Das Problem soll mit einer neuen Straßenführung behoben werden. während die Deutsche Bahn verschont.

Im weiteren Verlauf wird dann jedoch wieder nur von der Vorbereitung von kurzfristigen Maßnahmen zur Milderung des Problems gesprochen. Mittel- und langfristig spricht man von unter anderem von einer Ostverbindung zur Verkehrsentlastung oder sogar von einer Bahnunterfahrung in Verlängerung der Märkischen Straße.

Als Resümee wird auf eine Entscheidung erst in der Zukunft verwiesen und dieses Thema mit dem Satz beendet:

"Bis dahin wird im Flächennutzungsplan die Stockumer Straße in ihrer heutigen Trassenführung als Hauptverkehrsstraße ausgewiesen."

Der Bahnübergang in Annen ist nun wirklich kein ganz neuer Engpass für die Leistungsfähigkeit unseres Verkehrsnetzes. Interessanterweise dient nämlich eben jene Stockumer Straße mit ihrem Bahnübergang zur Zeit als Ersatz für eine fehlende Nord-Süd-Achse auch noch als Hauptverkehrsstraße.

Im langfristigen Ansatz eines Stadtentwicklungskonzeptes würde man sich jedoch nicht nur Planungen sondern vor allem Lösungen für altbekannte Probleme wünschen.

Der Blick von Rat und Verwaltung scheint selbst bei so wichtigen (Zukunfts-)Themen wie der Stadtentwicklung nicht etwa auf die Lösung von Problemen oder gar Innovationen gerichtet, sondern vielmehr sogar hier nur auf die Milderung ihres Haushaltsdefizits.

Eine derartige Politik wird nicht die Probleme lösen, sondern verschärfen. Probleme kann man nicht mit der Denkweise lösen, mit der sie geschaffen wurden. Deshalb brauchen wir eine alternative Politik getreu unserem Motto: Um uns selbst müssen wir uns selber kümmern!