Als erstes möchten wir uns bei allen Mitgliedern, Wahlhelfern und unseren Wählerinnen und Wählern ganz herzlich bedanken. Wir haben einen tollen Wahlkampf gemacht und sind stolz auf die letzten 16 Jahre, in denen Achim Czylwick unermüdlich im Rat der Stadt die alternative, unabhängige, fortschrittliche und unbestechliche Politik von AUF Witten vertreten hat.
Diese erfolgreiche Arbeit werden wir nun außerparlamentarisch fortsetzen.
Als erste Wahl seit Beginn der Corona-Krise war die Kommunalwahl 2020 in NRW ein Test, wie sich die Stimmung unter der Bevölkerung und zur Regierung entwickelt.
Nach dem Wahlergebnis in Witten würde die Große Koalition, das sogenannte Bürgerbündnis von CDU und SPD, keine Mehrheit mehr besitzen.
In ganz NRW fuhren SPD und CDU ihr jeweils schlechtestes Ergebnis bei Kommunalwahlen seit 1946 ein. Das widerspricht eindeutig der Siegerpose von CDU-Ministerpräsident Armin Laschet sowie der Behauptung von SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans einer „Trendwende“.
Beides liegt völlig daneben, auch wenn die CDU in Witten mit 0,3 Prozentpunkten nicht so viel wie im Landesdurchschnitt mit 8,5 Prozent verloren hat, und auch nicht so viel wie die SPD mit 10 Prozent im Vergleich zu 2014.
In Wahrheit wird der fortschreitende Vertrauensverlust in die Regierungsparteien kaschiert: zum einen durch die weiter rückläufige Wahlbeteiligung von 46,67 %. Zum anderen durch eine nur zeitweilige, relative Stabilisierung vor allem der CDU infolge der Krisensituation. Im Übrigen ist es ein Widersinn, dass ausgerechnet die Parteien, die in Bund und Land die Gesetze und Verordnungen erlassen, welche zur Ausblutung der Kommunen führen, vor Ort diese Politik umsetzen wollen.
Deshalb war auch klar, dass alle etablierten Parteien die tatsächlichen Probleme aus dem Wahlkampf herausgehalten haben und dafür auch die Medien einspannen konnten.
Das war mit ein Grund, weshalb die Grünen deutlich zulegen konnten und auf über 20% der Stimmen gekommen sind. Vor allem aber ist es Ergebnis des wachsenden Umweltbewusstseins in der Bevölkerung. Dass es mit den Grünen etwa eine grüne Innenstadt geben wird, darf jedoch bezweifelt werden. Ein grüner Kornmarkt ist nach ihrem eigenen Bekunden „nicht mehr möglich“. Sie werden auch künftig an ihrer Politik der Vereinbarkeit von (kapitalistischer)Ökonomie und Ökologie festhalten. Das führt gesetzmäßig zur Unterordnung des Umweltschutzes unter den Profit.
Selbstkritisch müssen wird feststellen, dass es uns nicht gelungen ist, die große Zahl der Menschen zu erreichen, die aus Resignation, aber auch Desinteresse, nicht (mehr) wählen gehen. Mit diesen lähmenden Denkmustern haben wir uns zu wenig und nicht überzeugend genug auseinandergesetzt.
Die WAZ hat mit ihrem Boykott jeglicher inhaltlichen Stellungnahmen von AUF Witten das ihre dazu getan, dass fortschrittliche Positionen aus der öffentlichen Meinung herausgehalten wurden, was ansonsten hätte Nichtwähler mobilisieren können. Zwei Anfragen von uns, ob wir die Möglichkeit hätten, uns dem Wähler vorzustellen, wurden nicht einmal beantwortet.
Stattdessen hat sie der AfD enorm viel Platz zur Selbstdarstellung geboten. Dennoch ist die AfD offensichtlich unter ihren eigenen hochgestochenen Erwartungen geblieben. AUF Witten sieht es als eine vorrangige Aufgabe an, den Einfluss dieser Türöffner für eine faschistische Entwicklung zurückzudrängen und ihre soziale Demagogie und ihren Nimbus als Protestpartei zu entlarven. Wir sind immer zu einem breiten parteienübergreifenden antifaschistischen Bündnis bereit und werden uns aktiv dafür einsetzen.
In seinem Statement zum Ausgang der Wahl fasst Achim Czylwick zusammen:
„Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht, der seine Wirkung noch entfalten wird. Alle Aktiven in unserem Bündnis waren überzeugt. Wir haben Themen gesetzt. In der Umweltpolitik u.a. mit der Begrünung des Kornmarkts statt diese Innenstadtfläche mit neuen unnötigen Geschäften zu bebauen. Darauf mussten alle reagieren und in der einen oder anderen Weise diese Forderung aufgreifen. Auch die Überparteilichkeit wurde zum Thema, die es auf antikommunistischer Grundlage nicht geben kann. Eine Pressekonferenz dazu hat die WAZ boykottiert. Das Thema sollte nicht breit in den Wahlkampf kommen. Auch entwickelten wir Forderungen gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Kommunen. Es war in den Diskussionen spürbar, dass nach neuer Orientierung gesucht wird - aber auch noch ein Zögern, sich wirklich politisch neu zu orientieren und mutig AUF Witten zu wählen. Subtile antikommunistische Vorbehalte werden nicht so schnell überwunden. Wir konnten deswegen in dem ganzen Gegenwind, u.a. mit fünf neuen Listen und einem Boykott in der Presse, unser Mandat nicht verteidigen. Das ist unter den Umständen ein Rückschlag, aber keine Niederlage.
Zu den wichtigen Ergebnissen unseres Wahlkampfes gehört, ein neues Denken über die zukünftige Kommunalpolitik angeregt zu haben: Alternativ, Fortschrittlich, Unbestechlich, konsequent antifaschistisch und gegen jede nationalistische Spaltung. Daran werden sich die Leute erinnern, wenn die Lage in Deutschland, in Folge der Krisen, schlechter wird. Wir haben auch neue Verbindungen geknüpft und neue Mitstreiter gewonnen. Der Mandatsverlust ist ein Wermutstropfen, aber auf unseren politischen Wahlkampf können wir alle stolz sein. Wir waren und sind eine gute Truppe!“
Skandale, Intrigen oder interne Zwistigkeiten, die der Wähler hätte abstrafen können, gab es bei AUF Witten nicht. Im Gegenteil, die Tatsache, dass Achim Czylwick seit Beginn seiner Ratstätigkeit 2004 bis heute nach Abzug seiner Auslagen alle Ratsgelder gespendet hat, stieß auf Anerkennung und Bewunderung. Das gibt es in dieser Form in keiner anderen Ratspartei. Auch unser öffentliches Auftreten und die Demonstrationen für einen Grünen Kornmarkt wurden mehrheitlich anerkannt und begrüßt.
Eine Besonderheit in Witten war die Kandidatur von 15 Parteien und Bündnissen. Allein fünf Organisationen traten erstmals an, zum Teil mit Themen, die ursprünglich von AUF Witten gesetzt worden waren.
Dabei ist diese Inflation konkurrierender Parteien und Bündnisse auf kommunalpolitischer Ebene nicht nachzuvollziehen. Hier geht es um unmittelbare Fragen der Daseinsfürsorge für die in dieser Stadt lebenden Einwohner. Mit unserer Gründung im Jahr 2003 haben wir den Impuls gesetzt für eine überparteiliche Zusammenarbeit, weil wir diese zur Lösung kommunaler Fragen für am besten geeignet halten.
An diesem Konzept werden wir eisern festhalten und weiterhin auf die Bündelung von Bewegungen und Initiativen für ein lebenswertes Witten festhalten. Dazu gehören auch Überlegungen, was wir verändern und besser machen können.
Wir laden alle Interessierten zu einem Auswertungstreffen am Freitag, den 18.09. um 18.00 Uhr in den Treff International, Bahnhofstraße 70 ein.
Mit herzlichen Grüßen
Vorstand von AUF Witten
Diana Vöhringer
Romeo Frey
Ulrich Wagner