Verschwendung und Planlosigkeit
von Romeo Frey, Sprecher im Vorstand von AUF Witten
Nach 6 Jahren bestätigt ein Gutachten im Auftrag des städtischen Rechnungsprüfungsamtes, was jeder schon am ersten Tag sehen konnte: bei der Erneuerung der Husemannstraße im Jahr 2007 wurde gepfuscht. Die Rede ist gar von Betrug, also mit Vorsatz. Nachhaltige Konsequenzen jedoch werden nicht gezogen, obwohl diesbezügliche Vorschläge von AUF Witten seit Jahren auf dem Tisch liegen. Nicht nur zum Tiefbauamt, sondern überhaupt, wie mit dem öffentlichen Eigentum umgegangen wird. Aber das wundert nicht. SPD, CDU, FDP und Grüne haben sich bisher jeder unserer Forderungen zur Transparenz und Kontrolle in trauter Gemeinsamkeit verschlossen. Ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat der Stadtwerke und in anderen Gremien lässt keinen anderen Schluss zu.
Außer Spesen nichts gewesen?
Die Stadt will die Kosten für das „teure Gutachten, das komplett von der Stadt bezahlt wurde“, zurückfordern. „Das Verfahren läuft“, so Stadtbaurat Dr. Bradtke. Mehr wohl nicht.
Offenbar ist man gewillt, bezüglich anderer kritischer Punkte keine weiteren Konsequenzen zu ziehen und über die Sache Gras wachsen zu lassen.
-
Der damalige verantwortliche Abteilungsleiter (und jetzige Leiter des Tiefbauamtes) hat die Endabnahme gegenüber der Straßenbaufirma, obwohl selbst dabei, nicht abgezeichnet, sondern (vorsichtshalber?) seinem Stellvertreter überlassen. Bescheinigt wurde: „keine Mängel“. Schwer vorstellbar, dass ein Diplom-Ingenieur z.B. die durchgängig mangelhafte Ausführung der Mittelnaht (siehe unser Foto aus dem Jahre 2011) nicht erkennen kann.
-
Offen wird von einer „zu großen Nähe des Tiefbauamtes zur Baufirma“ gesprochen. Ist damit „Korruption“ gemeint und wer ist beteiligt?
Kein Einzelfall
Vor 2 Jahren gab AUF Witten einen Überblick über gravierende Missstände, und zwar alle im Verantwortungsbereich von Stadtbaurat Dr. Bradtke:
Kanalerneuerung Akazienweg, Unregelmäßigkeiten bei der Sanierung Turnhalle Grundschule Buchholz, Mehrkosten infolge Inkompetenz bei Dachsanierung Pestalozzischule, Bau und Unterhaltung Bushaltestelle Rathaus, Kanalerneuerung Ardeystraße.
2 Jahre nach unserer Veröffentlichung liegt zur Abwasserkanalsanierung Ardeystraße ebenfalls ein Bericht vor. Jetzt also amtlich bestätigt: Innerhalb von fünf Jahren wurde die Fahrbahndecke unnötigerweise zweimal erneuert, Mehrkosten 75.000 €.
Was immer wieder als einzelne Panne, diesmal der ESW, dargestellt wird, ist in Wahrheit die Unfähigkeit, vorausschauend zu planen. Flickwerk als Prinzip. Das kann jeder an den zahlreichen Baustellen und am gesamten Straßennetz in Witten selbst beobachten.
Kontrolle abgelehnt
Der lässige Umgang mit kommunalem Eigentum zieht sich durch alle Bereiche der Stadt. So kritisiert AUF Witten seit langem das Investitions- verhalten der Stadtwerke. Sie reden von grünem Strom, aber investieren das Geld in Kohlekraftwerke wie in Lünen. Wie sich herausstellt ein Millionengrab!
Lange bevor die Stadtwerke Witten öffentlich erklärten, entgegen der Planung keinen Überschuss in den städtischen Haushalt einbringen zu können, hatten wir bei der Bürgermeisterin eine Anfrage zu drohenden Verlusten aus der Beteiligung am Kohlekraftwerk Lünen des Stadtwerkeverbundes Trianel gestellt. Als Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke, die zu Hundert Prozent der Stadt gehören, hat Bürgermeisterin Leidemann diese Anfrage des gewählten Ratsmitglieds Achim Czylwick (AUF Witten) einfach ignoriert.
Für 2014 rechnet das Trianel-Kraftwerk Lünen mit einem Verlust von 100 Millonen €. Daran ist die ewmr (Stadtwerke Bochum, Herne, Witten) zu 25 Prozent beteiligt.
Eine Tochter der ebenfalls beteiligten Stadtwerke Flensburg ist deshalb schon insolvent. Nach den für das Kohle-Kraftwerk Lünen geltenden Stromlieferverträgen kostet die abzunehmende Energie viel mehr, als an der Strombörse.
Die Stadtwerke Gronau verschoben ihren Jahresabschluss 2012 wegen drohender Verluste von ca. 1,5 Mio € aus der Beteiligung am Kohlekraftwerk Lünen. Diese wird jetzt heftig diskutiert.
Nicht jedoch in Witten. Hier wird die Kontrolle unterlaufen und die „Opposition“ schaut zu! Sie hat das ja im Aufsichtsrat selbst mitbeschlossen!
Aus dieser Nummer kommen sie nicht raus, auch wenn die SPD ihre Bürgermeisterin wegen Wahltaktik fallen lässt.
Tiefbauamt, Stadtwerke, Kulturforum …
Um uns selbst müssen wir uns selber kümmern!