Mitmachen, damit sich wirklich etwas ändert
Im Gegensatz dazu steht der Rechtsruck mit dem Ausgang der Bundestagswahl. Die braunen Geister, gerufen von der alten Regierung aus CDU/CSU und SPD, werden sie nicht mehr los.
Lange Zeit haben sie rassistische Parolen, nationalistische Ressentiments und dumpfen Hass gegen alles Fremde als berechtigte Sorgen der Menschen verharmlost. Faschistoides Gedankengut war so plötzlich gesellschaftsfähig, Berechtigte Sorgen, wie etwa die Angst vor Altersarmut und sozialem Abstieg sind aber etwas ganz anderes. Flüchtlinge haben weder die Rentengesetze noch die Hartz-Gesetze zu verantworten. Sie wurden zum Sündenbock einer Politik des Sozialabbaus durch die Große Koalition.
Wenn jetzt vor allem die CSU noch weiter nach rechts rücken will, kommt das dem Versuch gleich, einen Brand mit Benzin löschen zu wollen.
Es ist daher kein Zufall, dass die AfD dort am stärksten wurde, wo sich CDU und CSU besonders rechts positionieren wie in Bayern und Sachsen.
Auf der Grundlage dieses Rechtsrucks wird der sogenannte Sieg der CDU mit Sicherheit zu keiner stabilen Regierung führen. Selbst wenn eine „Jamaika-Koalition“ zustande käme, ist es alles andere als sicher, ob sie auch vier Jahre durchhält.
Der Kampf für die Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten sowie gegen jede Akzeptanz rassistischer, reaktionärer Politik und entsprechendem Gedankengut wird eine wichtige Aufgabe werden.
? Würdest Du die Entscheidung noch einmal so treffen, als kommunalpolitisch überparteilich engagierter Mensch für die internationalistische Liste/MLPD zu kandidieren?
A.C.: Ja, das war eine richtige Entscheidung. Als Mitglied der MLPD sind mir die Prinzipien der Überparteilichkeit im AUF-Bündnis sehr wichtig. So wurde meine Kandidatur, bei allen politischen Unterschieden im AUF Bündnis, von den Mitgliedern mitgetragen. Mit den Zielen und der Vision einer zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklung ohne Ausbeutung, Krisen und Kriege sind auch die Rahmenbedingungen für die Daseinsvorsorge in den Kommunen betroffen.
Die Verschuldung der Kommunen, der Substanzverlust in den Städten, zu sehen an maroden Straßen und öffentlichen Gebäuden, an geschlossenen Kindergärten, an unzureichenden Freizeitmöglichkeiten, an fehlender kostenloser Bildung, zeigen die Perspektivlosigkeit dieser Umverteilungspolitik auf.
Die Regierungspolitik in Düsseldorf und Berlin ist auf die Interessen der großen Konzerne ausgerichtet. Die Strafgelder für die kriminellen Machenschaften des Weltmonopols VW müssen letztlich die betroffenen Kommunen und nicht die Aktionäre zahlen. Denn VW darf diese mit der Gewerbesteuer verrechnen.
Entsprechend verhinderte die Regierung auch Entschädigungen für Käufer dieser Autos in Deutschland. Zudem wird eine strafrechtliche Verfolgung dieser Umweltverbrecher und kriminellen Abzocker verhindert.
? Es war ja schon sehr auffällig, wie bemüht vor allem die Regierungsparteien waren, allen drängenden Fragen der Menschen aus dem Weg zu gehen. Da hat die Presse wohl auch ziemlich mitgespielt, wie mir auch beim Besuch des Wahlforums der WAZ Witten auffiel. Vergeblich wartete ich auf eine Gelegenheit, die Kandidaten auf das brisante Thema der Grundwassergefährdung durch in stillgelegten Zechen eingelagerte Tonnen von hochgiftigem Müll anzusprechen.
A.C.: In der Tat war die WAZ sehr bemüht, die kritischen Themen und neuen Gedanken, wie sie auch von mir vertreten werden, aus dem Wahlkampf raus zu halten.
Dazu wurde ich als Direktkandidat regelrecht diskriminiert
. Mit Verweis auf die Beobachtung der MLPD durch den Verfassungsschutz, hat die WAZ vor mir gewarnt und mich vom Wahlforum ausgeladen.
Hier hat sich doch einiges verschoben.
Während meine Positionen für Völkerfreundschaft und internationale Solidarität angeblich verfassungsfeindlich seien, sind es die offen rassistischen Positionen und menschenfeindlichen Standpunkte der AfD offenbar nicht. Denn für deren Verbreitung hat sich auch die WAZ als Plattform betätigt.
Als die Regierung die Proteste gegen den G 20 Gipfel in Hamburg zum Vorwand nahm, eine Kampagne gegen „Linksextremismus“ loszutreten, war die WAZ mit vorne dran.
Die rechte Gefahr nahmen sie aus der Schusslinie, jeder linke Protest wurde kriminalisiert, die AfD massiv aufgewertet.
In Sachsen wurde sogar ein Ausschuss gegen links von der CDU zusammen mit der AfD gebildet.
Das ist ihnen nun auf die eigenen Füße gefallen. Die WAZ lag voll auf dieser Linie.
Kein Wunder auch, dass sie über die Gefährdung unseres Grundwassers durch die vorgesehene Flutung alter, mit Tonnen Giftmüll verfüllter Zechen durch die RAG (s.a. Seite 5), nicht weiter berichtete. Einen großen Anzeigenkunden will die WAZ nicht verprellen. Was immer auch die WAZ im Konzern der Funke Medien Gruppe ist - eines ist sie sicher nicht: eine überparteiliche und unabhängige Zeitung.
? Was erwartest Du in Zukunft für die Kommunalpolitik? Wird das Hauptproblem der unzureichenden Finanzierung in absehbarer Zeit gelöst werden?
A.C.: Die wirtschaftliche und politische Entwicklung wird nicht so bleiben.
Auf dem Weltmarkt entfaltet sich ein gnadenloser Konkurrenzkampf, dessen erste Auswirkungen die geplante Entlassung von 4000 Stahlarbeitern sind. Weitere Entlassungen werden folgen.
Auch bleiben die Zinsen in der Euro-Zone nicht auf dem niedrigen Niveau, sodass die Verschuldung der Kommunen auch von dieser Seite zunehmen wird. Das wird die soziale Lage in der Stadt verschärfen. Ich bin daher nach wie vor dafür, die Finanzierungsgrundlage für die Kommunen zu ändern.
? Du bist unter dem Slogan angetreten „Damit sich wirklich etwas ändert“. Gilt das auch für die Kommunalpolitik? Wie kann es funktionieren, dass sich hier tatsächlich etwas im Sinne eines lebenswerten Witten ändert?
A.C.: Das vertrete ich nach wie vor. Aber dafür sind Wahlen, wie der Ausgang der Bundestagswahl ja zeigt, nicht entscheidend.
Dafür geht es um die Förderung kommunalpolitischer Aktivitäten von unten.
Dafür werden wir in nächster Zeit viel Gelegenheit haben.
So im Kampf gegen die Feinstaubbelastung, vor allem durch das Stahlwerk, in der Unterstützung des Kampfs um jeden Arbeitsplatz, gegen die Abschiebungen vor allem nach Afghanistan oder in andere Kriegsgebiete.
Auch will ich Menschen weiter darin ermutigen, sich für ihre Belange im Stadtteil und für die Betreuung ihrer Kinder zu organisieren.
Vor allem muss die Einheit gegen jede Akzeptanzrassistischen, fremdenfeindlichen Gebarens verbreitert werden. Nicht die Menschen, die zu uns kommen, tragen die Verantwortung für die Umverteilungspolitik und die sozialen Ungerechtigkeiten. Wer das so darstellt, lenkt von den Ursachen ab und fördert die wachsenden Unterschiede zwischen Arm und Reich. Das gehört zum System des Kapitalismus wie das Amen zur Kirche - wo auch immer auf dieser Welt.
Zu einem lebenswerten Witten gehören eine weltoffene Kultur und der gemeinsame Kampf für eine bessere Welt.