„Was keiner wagt, dass sollt ihr wagen...
...was keiner sagt, sagt heraus.
Was keiner denkt, das wagt zu denken
Was keiner anfängt, das führt aus.“
von Achim Czylwick, Ratsmitglied (AUF Witten)
Die oben zitierten Zeilenvon Hannes Wader werden politisch immer bedeutender. Im November sind wieder mal Haushaltsberatungen. Von „Beratung“ kann aber keine Rede sein. Richtiger müsste es heißen Erpressung der Stadt Witten durch das Land NRW und die Bezirksregierung in Arnsberg.
Letztere setzt das Spar-Diktat der Landesregierung von Frau Kraft (SPD) mit dem Druckmittel des genehmigungsfähigen Haushaltsum. Kaum wurde die Erhöhung der Grundsteuer B im vorauseilenden Gehorsam von der Stadtverwaltung eingeplant, wurde die zuvor verweigerte Genehmigung in Aussicht gestellt. Was das bedeutet, ist auch klar: die Mieten werden weiter nach oben getrieben.
Realitätsverlust
Es ist ein Märchen, dass Witten damit im Jahr 2016 einen „ausgeglichenen Haushalt“ haben würde, also nicht mehr ausgegeben als eingenommen wird. Der gewaltige Schuldenberg von über 500 Millionen Euro soll demnach nicht mehr wachsen?
Das hat soviel mit der Realität zu tun, wie ein Wunschzettel an das Christkind. Die Konjunkturdaten gehen schon wieder in den Keller. Doch der Haushaltsplan beruht auf der Spekulation eines Aufschwungs, den es nicht geben kann.
finanziert. Brücken und Straßen werden nicht oder nur oberflächlich saniert, der soziale Wohnungsbau wird gegen Null gefahren, an der progressiven Besteuerung wird festgehalten.
Die Verschuldung dient als Druckmittel zur Einsparung von Leistungen für die Bürger, das scheinbar „gesparte“ Geld dient für Zinsen und Zinseszinsen.
Modernisierung der Stadt wird an die Wand gefahren
Dabei sind es nicht nur die geschlossenen Spielplätze, die minimalistische Kinder- und Jugendarbeit, die Ignoranz der Giftmüllgefahren oder der Verfall öffentlicher Gebäude und Straßen, oder der Plan, auf die Begrünung des Kornmarkts zugunsten sogenannter Investoren zu verzichten.
Es werden eben auch die Investitionen in die Infrastruktur und damit auch die Modernisierung der Stadt auf Null gefahren.
Zu den Schulden und deren Folgen müssen also immer auch die dringend notwendigen Investitionen gezählt werden, die der Schulden wegen aber geopfert werden.
AUF Witten fordert seit zehn Jahren einen radikalen Schuldenschnitt, um aus diesem Wahnsinn herauszukommen: Sofortige Einstellung der Zinszahlungen an die Banken und ein neues Finanzierungssystem für die kommunale Daseinsvorsorge!
Sozialsteuer für Unternehmen
Das wäre mit einer sechsprozentigen Sozialsteuer auf die Umsätze der Unternehmen machbar. Ohne die steuerfreien Umsätze von Kleinstbetrieben erzielen deutsche Unternehmen jährlich bundesweit Umsätze um die 5.000 Milliarden Euro. Mit nur sechs Prozent vom Umsatz würde sogar mehr eingenommen, als für alle Sozialabgaben zu bezahlen ist. Lohnintensive Betriebe, wie Klein- und Mittelbetriebe, würden entlastet, weil bisher die Sozialabgaben pro Kopf bezahlt werden müssen.
Der entscheidende Vorteil aber wäre die völlige Freistellung der Kommunen von Ausgaben für soziale Belange, die ihnen bisher nicht ausreichend finanziert werden. Darüber hinaus verfügten abhängig Beschäftigte über mehr Netto, was die Kaufkraft in der Stadt stärken würde.
Eine solche alternative Politik gibt es bei den in Witten regierenden Parteien natürlich nicht.Sie bleiben bei allem Protest gegen die von oben erzwungene Verschuldung letztlich Vertreter der bewussten Umverteilungspolitik ihrer jeweiligen Bundes- und Landesregierung. Ihre Klagen über zu wenig kommunale Mittel und die angebliche Gefahr eines Sparkommissars ersetzen nicht den notwendigen kommunalen Widerstand, ja behindern ihn sogar.
Für die Menschen in Witten macht es keinen Unterschied, ob der Rat sich mit einem Sparkommissar erpressen lässt und die Grundsteuer freiwillig erhöht, oder ob der Sparkommissar selbst dies tut. So oder so: es wird umverteilt – und das wird in den nächsten Jahren noch forciert.
Bundeskanzlerin Merkel hat schon ein Ende der Wohltaten angekündigt. Was immer sie damit auch meint, es ist eine Drohung! Der Unternehmerverband BDI fordert Investitionen der Privatwirtschaft staatlich zu sichern und indirekt zu übernehmen. Applaus gibt es in diesen Kreisen für sinnlose Großprojekte, wie den Flughafen in Berlin, weil so oder so die Gewinne fließen. Die Strompreissubventionen reichen den Monopolen noch lange nicht. Auf ihrer Agenda stehen auch die finanziellen Ressourcen der Menschen in den Kommunen. Die Regierungen werden sich dem nicht in den Weg stellen. Ein kapitalistisches Land kann auch nur eine kapitalistische Regierung haben.
Die Aufgaben…
Es ist in diesem Zusammenhang ein Witz, wenn die Partei die Linke ein Ende der Umverteilung fordert. Wer soll denn das für sie machen? Ihre Parteileute in Brandenburg unterscheiden sich beim Umverteilungsprinzip in nichts von SPD und CDU. Drei Lehrerstellen mehr sind keine andere Politik. Mehr noch, auch die Linke steht für die Erweiterung des Braunkohletagebaus und blockiert damit den Übergang zu 100 % regenerativer Energie.
Vor Ort fordern sie, wie auch SPD und CDU, große Demonstrationen in Berlin gegen die Verschuldung, um dann doch das „Sparen“ für die Umverteilung durchzusetzen. Schluss mit dieser Heuchelei.
… sind zum Lösen da
Wer Umverteilung wirklich bekämpfen will, muss das auch tun. Umso glaubhafter wäre das, wenn diejenigen, die das wollen, aus den Parteien austreten, die diese Politik zu verantworten haben und aktiv betreiben.
Wie gesagt, wer wagen will, was keiner sonst wagt, wer klar sagen will, was keiner sonst sagt, wer eine alternative Politik anfangen will, der soll es auch tun können. Ich lade, mit Ausnahme reaktionärer und faschistischer Kräfte alle über Parteigrenzen hinweg herzlich ein, den Weg des überparteilichen Bündnisses für eine alternative Kommunalpolitik und ihre Finanzierung gemeinsam zu gehen. Glück AUF!