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Giftliste?

Kategorie: Haushalt Veröffentlicht: Freitag, 01. November 2013 Geschrieben von Achim Czylwick
Achim Czylwick (AUF Witten) ist seit 2004 im Rat der Stadt Witten vertreten und Sprachrohr für die Wittener Bevölkerung
Achim Czylwick (AUF Witten) ist seit 2004 im Rat der Stadt Witten vertreten und Sprachrohr für die Wittener Bevölkerung

Von Achim Czylwick – Ratsmitglied (AUF Witten)

Wieder soll der Bürger geschröpft werden. Die Ausplünderung der kommunalen Finanzen geht weiter, sogar von Giftlisten ist in der WAZ die Rede. Gift? Das wird in der Regel gegen Schädlinge eingesetzt. Wer ist hier der Schädling? Etwa die Menschen, die mit Bussen und Bahn, bei ständig steigenden Preisen, zur Arbeit fahren, zum Arzt gehen, die Einkaufen oder Freunde besuchen?

Es ist bezeichnend, wenn Kürzungen sozialer Standards mit Gift verglichen werden! Der Zeitpunkt nach den Wahlen ist dabei kein Zufall, denn im Wahlkampf wurde in der Darstellung der wirtschaftlichen Lage gehörig manipuliert und ein beruhigendes Bild gezeichnet. Geht es uns etwa so gut, dass wir jetzt ein bisschen Gift vertragen können?

Beschönigungen

Nehmen wir die Behauptung, dass die steigenden Steuereinnahmen uns doch beruhigen könnten, nach dem Motto alles wird besser. Wirklich?

Auf 44,2 Milliarden € soll im Jahr 2013 die Gewerbesteuer steigen. Das sind gerade mal 700 € im Durchschnitt pro Einwohner.

Gemessen an diesem Durchschnitt sind es in Witten aber nur 530 €, in Gelsenkirchen 49 € und in Biberach an der Riss 2939 €. Im Detail zeigt sich, wie unsinnig die Finanzierung der Kommunen über die Gewerbesteuer ist. Die finanziellen Belastungen durch Bundes- und Landesgesetze bzw. Verordnungen werden nicht diesen Einkommen entsprechend gestaffelt, sondern sind festgelegt. Je geringer die Einnahmen der Kommunen, desto höher sind sogar ihre Ausgaben infolge erhöhter Sozialkosten.

Anstatt hier Klartext zu reden und sich auf die wachsende Opposition in der Stadt zu stützen, raffen sich Bürgermeisterin und die sie tragenden Parteien lediglich zu einem zahnlosen Protestchen auf, machen im Grunde aber alles mit.

Bis heute weigert sich die Ratsmehrheit, das Thema Hartz IV auf die Tagesordnung zu setzen und mir als Ratsvertreter von AUF Witten und Aktivist der Montagsdemobewegung ein Forum zu geben, um die tatsächlichen Probleme zur Sprache zu bringen und endlich einmal anzupacken!

Vorzeigeprojekte

Kinderfreundliches Witten als Gegenentwurf zur derzeitigen Politik. Das Transparent wurde von Kindern gesprüht.
Kinderfreundliches Witten als Gegenentwurf zur derzeitigen Politik. Das Transparent wurde von Kindern gesprüht.

Als Konsequenz einer solchen Unterordnungspolitik bleiben lediglich Vorzeigeprojekte wie der neu gestaltete Berliner Platz oder der Ausbau des Radwegs Rheinischer Esel.

Maßnahmen zur Aufwertung der Stadt wie die von AUF Witten ausgearbeitete Radwegverbindung von Dortmund durch Witten an die Ruhr dagegen wurden, lange vor dem Ausbau des Rheinischen Esels, einfach verworfen.

Nach Jahrzehnten einer Politik, die öffentliche Gebäude verfallen ließ, wurden einige Schulen renoviert und erweitert. Mit einem zeitlichen und finanziellen Zusatzaufwand, der bei rechtzeitiger Wartung vermieden hätte werden können.

So bleibt außer von Vorzeigeprojekten, hektischen Notmaßnahmen und Verschönerung einiger Fassaden im Grunde recht wenig, was für das Leben der Menschen wirklich wichtig ist. Das Niveau der Daseinsvorsorge in unserer Stadt ist und bleibt erschreckend niedrig.

„Marktorientierte Demokratie“

Marode Straßen, ständig steigende Schulkosten für die Familien, Abhängigkeit der Bildungschancen von der sozialen Lage, unzureichende Lernbedingungen in überfüllten Klassen, kaum noch wohnbereichsnahe Spielplätze, unentwegt steigende Mieten, Heiz- und Stromkosten … die Aufzählung ist nicht vollständig!

Das sind die Folgen der marktorientierten Demokratie, die Kanzlerin Merkel nicht müde wird zu preisen. Gemeint ist eine Politik alles für die Profite, das heißt Umverteilung zu Gunsten von Banken und Konzernen.

Dazu gehören die Hartz Gesetze mit Leiharbeit und staatlich organisiertem Niedriglohn sowie Flexibilisierung, Minijobs und Rente mit 67 und schließlich auch die Abwälzung von gesellschaftlichen Aufgaben wie Bildung und Pflege auf die Familien: die Armen wurden ärmer und die Reichen reicher.

nach den Bundestagswahlen …

… ist nicht erkennbar, dass, unter den Bedingungen der Wirtschaftskrise, die Lage für die Masse der Normalverdiener und für die Arbeitslosen besser wird.

Vielmehr spricht alles dafür, dass die neue Regierung die bisherige Politik fortsetzt einschließlich der ungebremsten Neuverschuldung der Kommunen.

In Witten werden die Ausgaben für Soziales und Jugend weiter steigen, weil die zugrunde liegenden Probleme auch nicht ansatzweise gelöst oder angepackt werden.

Artikel Eins Grundgesetz – und die Wirklichkeit?
Artikel Eins Grundgesetz – und die Wirklichkeit?

Bewusst wird zu wenig Geld in die notwendige Daseinsvorsorge vor Ort investiert, damit die Renditen von Banken und Konzernen gesichert sind.

Diese Politik ist sicher nicht so offensichtlich wie die Befreiung der Industrie von der Umlage für die erneuerbare Energie, wofür der Verbraucher mit Strompreiserhöhungen zahlt.

Es gibt aber nur einen einzigen Grund für die sogenannte Konsolidierung der kommunalen Finanzen: es ist nicht die Sicherung der Daseinsfürsorge, sondern die Absicherung der Profite für Großindustrie und Banken. Dazu erhoben die etablierten Parteien das „Mindeste“ zu ihrem Programm. Mindestlohn, Mindestrente, Mindestkrankenversorgung, Mindestpflege.

Wer mit 8,50 € Mindestlohn à la SPD mit seiner Arbeit gerade mal Sozialhilfe-Niveau erreicht, darf sich nach dieser Logik noch nicht einmal beschweren – er hat ja das Mindeste!

Wenn jetzt in Witten noch von der möglichen Einschränkung des Brandschutzes durch Veränderungen in der Feuerwehrbereitschaft die Rede ist, dann wird nicht einmal mehr vor dem Poker mit unserer Lebensrettung haltgemacht, um das Kapital für die sogenannten Systemrelevanten zusammenzukratzen.

Eine solche Konsequenz ist vielleicht nicht sehr verwunderlich angesichts einer Denkweise, dem Steuerzahler Gift verpassen zu wollen.

Doch wer das macht, darf sich auch nicht über die Reaktionen darauf wundern. Sie sind längst überfällig, egal wer in der Regierung sitzt.

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