Marode Holzbrücke über den Steinbach offenbart menschenfeindliche Finanzpolitik für die Kommunen
Bisher sind im WAZ-Lokalteil drei Leserbriefe zu einem Artikel erschienen, die sich bitter beklagen darüber, dass die Holzbrücke über den Steinbach zwischen Steinbach- und Herdeckerstraße in Annen gesperrt wurde und voraussichtlich nicht mehr instandgesetzt werden soll.
Angesichts der breiten Empörung im Stadtteil ein vergleichsweise geringes Echo. Da die Kommentarfunktion auf der Internetseite der WAZ ebenfalls gesperrt ist, weiß man nicht, wer sich sonst noch an die WAZ gewandt hat. Aber die drei Leserbriefe bringen das Anliegen der Anwohner auf den Punkt.
So schreibt die Leserin Annemarie Weitkamp: „Das kann doch wohl nicht wahr sein! Ohne Brücke ist ein wichtiges, nahes Kleinerholungsgebiet in Annen zerstört.“
Für Frau Gaby Tara ist die jetzt gesperrte Verbindung „nicht nur der Weg zum Kindergarten ‚Am Anger‘, sondern auch der Schulweg für viele Kinder der Hüllbergschule. Im Sommer ist dies außerdem für viele der Weg zum Freibad.“
Man möchte ergänzen: sollten diese bisherigen Fußgänger angesichts des großen Umwegs überlegen, mit dem Auto zu kommen, würde sich das angesichts des knappen Parkraums am Schwimmbad als keine gute Idee erweisen. Die Stadt kann das gesparte Brückengeld dann mit rückläufigen Schwimmbaderlösen verrechnen.
Leser Detlef Thierig weist auf seine besondere Situation als Blinder hin, für den das Steinbachtal bisher eine willkommene und gefahrlose Spaziermöglicheit bot, die nun wegfällt. Er trifft auf der Brücke mit ihrer Bank auch oft Menschen, die diese Gelegenheit zum Aufenthalt in der Natur sehr schätzen. Die Brücke nicht mehr zu reparieren wäre eine „schwerwiegende Entscheidung gegen die Interessen vieler Bürger.“
Die Frage stellt sich, wie die Stadtverwaltung überhaupt auf die Idee kommt, diesen vor 25 Jahren erschlossene natürliche Umgebung nicht mehr zugänglich zu machen. Dabei wollen wir die Frage hinten anstellen, wieso laufende Instandsetzungen den jetzigen morschen Zustand nicht haben verhindern können.
Eine solche Brücke fällt, genauso wie der aktive Umweltschutz und andere für den Bürger wichtige Dinge wie ein Schwimmbad oder Kultur unter den großen Bereich der freiwilligen Aufgaben der Kommune. Diese können solange erfüllt werden, solange der finanzielle Rahmen dafür reicht, nachdem alle Pflichtaufgaben erledigt worden sind. Diese liegen aber nicht im Ermessen der Kommune, sondern werden ihr von Bund und Land auferlegt ohne Rücksicht darauf, ob sie die dafür notwendigen Finanzen überhaupt aufbringen kann.
Wie von AUF Witten seit Jahren mehrfach akribisch dargelegt, geraten die Kommunen dadurch in eine Schuldenfalle, aus der sie nicht mehr herauskommen. Investitionen im Interesse der Menschen vor Ort fallen dann als erstes unter den Tisch, wie die Brücke über den Steinbach. Das muss aber nicht so sein.
Erstens müssen alle Pflichtaufgaben, wenn sie denn von oben angeordnet werden, zu hundert Prozent gegenfinanziert sein, und nicht nur zur Hälfte oder so.
Zweitens darf nicht die Lage und Situation der Kommune über ihre Einkünfte entscheiden, wie das zur Zeit mit dem Fokus auf Gewerbesteuer und Grundsteuer geschieht. Das produziert automatisch Ungleichheiten. Die kommunalen Finanzen müssen neu und einheitlich nach gemeinsamen Kriterien, die für alle gleichermaßen gelten können, geordnet werden.
Drittens sind alle Kommunen zu entschulden, was angesichts der massiven Hochrüstung und anderer Milliardensubventionen problemlos möglich wäre.
Auch wenn alle Parteien von dieser kommunalen Entschuldung sprechen, wird sie dennoch ohne Kampf nicht kommen, schon gar nicht sofort. Denn dass die Kommunen praktisch ausgelaugt werden und ihre finanziellen Reserven auflösen zugunsten von Landes- und Bundeshaushalt ist politisch gewollt – sie sind als Goldesel der Regierung Teil der Politik, wie man die Krisen- und Kriegslasten auf die Bevölkerung abwälzt.
An der kleinen Brücke über den Steinbach wird die große Politik deutlich. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir den Widerstand dagegen in den Kommunen organisieren und uns überregional zusammenschließen.
Die Mitgliedschaft im überparteilichen Bündnis AUF Witten ist ein erster Schritt dazu. Haben Sie den Mut, gegen den Strom zu schwimmen und schließen Sie sich uns an.
(Bild oben: gesperrte Brücke mit einem quer gestellten Brückenteil, das schon abgerissen wurde und am Bauzaun befestigt ist, Bild unten: Lücke, die das abgerissene Brückenteil hinterlassen hat )