Inobhutnahme: Jede ist eine zuviel
Auf der Titelseite meiner Tageszeitung war zu lesen, dass im letzten Jahr in NRW 11.533 Kinder aus den Familien geholt wurden. Diese Zahl ließ mir den Schrecken in die Gliedmaßen fahren. Selbst wenn das dem Schutz der Kinder dienen soll, wo leben wir denn, wenn das überhaupt nötig wird?
Zufällig habe ich selbst einen kleinen Einblick in die Arbeitsbedingungen des Jugendamtes, von dem ja die Inobhutnahme gesetzlich durchzuführen ist.
Mich interessierte, wie viel Kinder vom Jugendamt „geschützt“ werden und wie das bei den MitarbeiterInnen so aussieht.
Eine Halbtagskraft kümmert sich um 42 Kinder, eine andere in Vollzeit hat 68 zu betreuen. Das sind bei zwei Mitarbeitern schon 110 Kinder.
Wissen diese Kinder, dass sie nur verwaltet werden (können), oder sehe ich das angesichts der Zahlenmenge etwa falsch?
Ich habe bei meinem eigenen Kind mitbekommen, dass in solchen Situationen kein wirklicher Schutz geboten wird. Denn dazu braucht es hochqualifizierte Menschen, welche die eigentlichen Hilferufe der Kinder verstehen.
Es gibt Fälle, in denen die alleinerziehende Mutter kurz vor dem Nervenzusammenbruch steht und in einer solchen Situation alles braucht, nur nicht noch einen oder mehrere zusätzliche Termine zur „Beratung“, wo sie irgendwo hinfahren muss und das nicht mehr organisiert bekommt.
Hier fehlen eindeutig Kapazitäten beim Jugendamt für eine sofortige und praktische Hilfe im Haushalt, sodass die Mutter durchatmen und zur Ruhe kommen kann.
Oft tut auch der Unrecht, Der nichts tut. Wer das Unrecht nicht Verbietet, wenn er kann, der befiehlt es. Marcus Aurelius |
Wird das nicht sofort organisiert, spitzt sich die Situation nach meiner Erfahrung trotz Beratungen (oder gerade deswegen?) weiter zu. In einem mir bekannten Fall gab es einen Nervenzusammenbruch, die Mutter kam in die Klinik, das Kind in die Pflegefamilie.
Es müsste doch das Ziel einer systematischen Kinder- und Jugendhilfe sein, so etwas zu vermeiden.
Stattdessen wurde beispielsweise der ambulante Hilfebereich des Kinderheims Egge stark einschränkt und gekürzt, die ambulanten Hilfen sind im Vergleich zu den stationären wie Heimunterbringung und ähnliches, zurückgegangen.
So entsteht ein Teufelskreis, der im Jugendamt dazu führt, dass selbst mit Einsatz von immer mehr Geld dennoch immer weniger an Wirkung für die Kinder und die betroffenen Familien herausspringt.
P.E., Witten