Stadtentwicklung – Ein Blick auf die Zukunft Wittens (3)
Von René Schlüter – Sprecher im Vorstand von AUF Witten
Unsere weiterführende Beschäftigung mit dem Stadtentwicklungskonzept Unser Witten 2020 möchten wir, aufgrund der Komplexität der gestellten Aufgabe und zum besseren Verständnis für den Leser, mit einer kurzen Zusammenfassung unserer in den letzten Ausgaben gemachten Aussagen einleiten.
Die Ausarbeitung des Stadtentwicklungskonzept Unser Witten 2020 wurde ohne Beteiligung der großen Mehrheit der Wittener Bevölkerung begonnen. Damit wurde das Stadtentwicklungskonzept vom Start weg ohne eigentlich zum Prozess einer wirklichen Stadtentwicklung zwingend notwendige breite Basis innerhalb der Wittener Bürgerschaft gestartet.
Es wurde auch jede Chance vertan, durch eine enge Einbeziehung der Wittener Bevölkerung eine Kommunikation und Diskussion der Zukunft unserer Stadt zwischen den Wittener Bürgerinnen und Bürgern zu initiieren.
Lebenswertes Witten?
Gerade diese Kommunikation und Diskussion innerhalb der Bevölkerung ist aber aufgrund der im Verlauf gerade zwischen den Bürgern unerlässlich zu schließenden Kompromisse und der Tatsache, dass vor allem wir Bürger auch den Charakter unserer Stadt ausmachen unverzichtbar.
Nachdem wir also noch einmal dem vorliegenden Stadtentwicklungskonzept bis hierher eine vollkommen unzureichende Einbeziehung der Bevölkerung konstatieren, wollen wir nun sehen, wie die Stadt in ihrer uns vorliegenden Dokumentation des Prozesses weiter vorgeht.
Unter dem Oberbegriff Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung folgen nun Aussagen zum demografischen Wandel, zu den städtischen Finanzen und auf den Ergebnissen von überregionalen Studien beruhende Schlussfolgerungen zur Zukunftsfähigkeit Wittens.
Hierbei fällt auf, dass der sicherlich vorhandene Bevölkerungsrückgang und vor allem die unzweifelhaft vorhandenen Finanzprobleme unserer Stadt unterschwellig im Gegensatz zur Entwicklung unserer Stadt gesetzt werden, wenn davon gesprochen wird, dass rückläufige Einnahmen und die Erfüllung des vorhandenen Haushaltssicherungskonzepts zu Anpassungen bei sozialen und kulturellen Einrichtungen, und damit zu Einschnitten in der Lebensqualität in unserer Stadt führen.
Interessanterweise wird aber eben jene Lebensqualität an selbiger Stelle gerade in Zeiten eines Bevölkerungsrückganges als maßgeblich für den Erfolg einer Stadtentwicklung hervorgehoben.
Innovatives Witten?
Nach dieser kurzen Zusammenfassung der in der Dokumentation genannten Rahmenbedingungen wollen wir uns nun dem von der Stadt erarbeiteten Leitbild der Stadtentwicklung zuwenden.
WITTEN – Universitätsstadt an der Ruhr; eine lebenslange Perspektive; überschaubar, grün, zentral, weltoffen, tolerant, sympathisch, vielfältig, vernetzt, innovativ, klingt auf den ersten Blick erst mal sehr vielversprechend.
Auch wenn hier nochmal betont werden soll, dass sich an der als Grundlage benutzten Online-Befragung nur unter 1 Prozent der Wittener Bevölkerung beteiligt haben.
Bei genauerem Hinsehen stellen sich aber auch zu diesen auf den ersten Blick vielversprechenden Aussagen einige Fragen.
Hierbei sticht zunächst gleich die erste Aussage Universitätsstadt an der Ruhr ins Auge. Da sie zwar einerseits durchaus richtig ist, sie aber andererseits mit Bezug auf die öffentlich finanzierten und weit größere Studentenzahlen aufnehmenden Universitäten der Nachbarstädte Bochum und Essen doch etwas vollmundig und außerdem somit keinesfalls etwas besonderes bzw. Witten spezifisches in der näheren Umgebung unserer Stadt darstellt.
Im Rahmen eines Leitbildes der Stadtentwicklung sollte jedoch gerade am Beginn seiner Formulierung eher etwas stehen, das Wittens besonderen Charakter gerade innerhalb seiner näheren Umgebung ausmacht, was somit hier nicht wirklich gegeben ist.
Zwischen Realität und Wunschdenken
Eine lebenslange Perspektive sollte wohl jede Stadt außerhalb eines Krisen- oder Kriegsgebietes ihren Bürgern bieten können, diese Aussage innerhalb eines Leitbildes der Stadtentwicklung zu benutzen, wirkt so, als wäre etwas, das eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, in unserer Stadt ein noch zu erreichendes Ziel.
Auch die folgende Aneinanderreihung von Adjektiven beschreibt zum größten Teil nur Eigenschaften, die sich wahrscheinlich viele Städte da draußen wünschen bzw. für sich deklarieren würden.
Im vorliegenden Stadtentwicklungskonzept werden die genannten Eigenschaften und die lebenslange Perspektive nun zu Leitlinien weiterentwickelt, mit denen wir uns im Folgenden beschäftigen möchten.
Diese Leitlinien sind:
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Der traditionsreiche Industriestandort mit hohem Innovationspotenzial,
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Die grüne Stadt an der Ruhr,
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Die soziale und gesunde Stadt: Eine lebenslange Perspektive,
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Der attraktive Wohnstandort in zentraler Lage im mittleren Ruhrgebiet,
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Die sport- und bewegungsfreudige Stadt,
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Die Stadt der Kultur und
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Die individuelle und kompakte Einkaufsstadt.
Desinteresse am Bürger
Im Verlauf der Dokumentation werden diese Leitlinien noch etwas weiter spezifiziert, wobei weiterhin auffällt, wie sehr man sich im Bereich von Allgemeinplätzen aufhält.
Das könnte vielleicht daran liegen, dass sich auch an diesem Punkt wieder zeigt, wie sehr unsere etablierten (Rats)-Politiker und unsere Verwaltung eigentlich einen guten Draht zu uns Bürgern im allgemeinen, und besonders in Bezug auf ein Stadtentwicklungskonzept bräuchten, ihn aber auch, wie beschrieben, nicht wirklich suchen.
Ohne diesen Draht wird jedoch jede geplante Stadtentwicklung und eigentlich sogar jede Form von (Kommunal-)Politik und Verwaltung sinnentleert, da sie ohne Kommunikation und Diskussion mit der Bevölkerung wohl kaum ihren Zweck, den Dienst am Bürger, erfüllen kann.
Einmal mehr sollte auch hier unsere Verantwortung als Bürger für die Zukunft unserer Stadt und auch die Notwendigkeit, diese wirklich wahrzunehmen, deutlich werden.
In diesem Sinne beendigen wir unseren heutigen Blick auf Unser Witten 2020 beinahe traditionell mit Um uns selbst müssen wir uns selber kümmern und verweisen auf die kommende Ausgabe im nächsten Jahr.