Beschäftigte unter Druck
Flächentarif gekündigt
„real,- ist seit 17. Juni 2015 ohne Tarifbindung. Mit dem Ausstieg … setzt sich die Tarifflucht deutscher Einzelhändler fort. Ein Wettbewerb, der immer mehr auf Lohndumping statt auf Qualität und gute Leistungen setzt, breitet sich im Einzelhandel so immer stärker aus.“
Weiter heißt es in einem ver.di Flugblatt:
„Wir treten für eine Rückkehr zum Flächentarifvertrag ein. In keinem Wirtschaftszweig gibt es so viel unverschämten Reichtum und so viel verschämte Armut.“
Einkommenseinbussen
Für die rund 38.000 Beschäftigten bedeutet der Austritt aus dem Flächentarifvertrag sofort Einkommensverluste. Seitdem abgeschlossene Tariferhöhungen werden nicht mehr anerkannt und nicht mehr ausgezahlt.
Dabei soll es nicht bleiben.Weitere Angriffe sollen folgen, werden aber nur tröpfchenweise und unbestimmt gestreut mit dem Hinweis, es sei noch nichts entschieden.
Das sieht nach Taktik aus, einen bundesweiten Arbeitskampf zu vermeiden und die Kampfbereitschaft zu zermürben. Im Einzelhandel herrscht ein brutaler Konkurrenz- und Verdrängungskampf, der auf dem Rücken der Belegschaften ausgetragen wird. Seit Jahren gibt es im Einzelhandel, darunter auch bei real,- immer wieder Streiks und Proteste dagegen.
Kampfbereitschaft
Am 10. März folgten auch Wittener Beschäftigte und aus weiteren 73 Filialen in NRW mit großer Beteiligung dem Streikaufruf von ver.di, am 11. März wurde in 70 real,- Filialen bundesweit gestreikt.
Gegen die Tarifflucht wurde in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Berlin und Brandenburg protestiert.
Der Handelskonzern Metro als Eigentümer von real,- möchte das Geschäft mit der SB-Warenhauskette profitabler machen und die Konkurrenz ausstechen. Nach Angabe von Metro-Chef Olaf Koch, müsse man sonst einzelne Filialen verkaufen oder andere ganz schließen.
Der Belegschaft soll das als Sicherung der Arbeitsplätze schmackhaft gemacht werden.
Bezeichnenderweise gab es dazu von Metro/real,- bisher nur eine einzige konkrete Aussage: die Beschäftigten sollen auf insgesamt 400 Millionen Euro verzichten.
Ohne Beteiligung der Mitarbeiter seien die Umbaupläne nicht zu finanzieren und Schließungen nicht zu vermeiden, ließ die Geschäftsführung auf einer Informationsveranstaltung in Neuss durchblicken.
Am besten, die Beschäftigten, in der Mehrzahl Frauen im Niedriglohnbereich, bringen demnächst nicht nur ihre Arbeitskraft sondern auch noch Geld mit.
Für Metro geht es bei den Verhandlungen nicht darum, ob auf 400 Millionen Lohn verzichtet werden soll, sondern nur noch wie. Beispiele sind die Kürzung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes um 75Prozent und die Absenkung der Nachtzuschläge in der Zeit von 20 Uhr bis 22 Uhr von 50 bzw. 55 Prozent auf 20 Prozent. Kann man solche „Verhandlungen“ überhaupt ernst nehmen?
Mit Lohnverzicht werden keine Schließungen verhindert, das ist sicher. Und mit Abwarten, bis bei den Verhandlungen was rauskommt, auch nicht.