Ersparte Zukunft...? Zur geplanten Schließung des Augustinchens
Kindergarten im Wohngebiet
Das Augustinchen liegt an der Augustastraße versteckt in einer Bebauungslücke mitten in einem stark bevölkerten Wohngebiet, für dessen Bewohner es fußläufig zu erreichen ist. Der multikulturelle Hintergrund des Viertels spiegelt sich in einer großen Zahl von Kindergartenkindern mit Migrationshintergrund wieder.
Nachdem man in den letzten Jahren laut Aussage der Kindergartenleitung immer „nur geflickt habe“ haben sich nun Instandsetzungskosten zwischen 800.000 und 1.5 Mio. Euro angehäuft und die Stadt und der Betreiber (Evangelischer Kirchenkreis Hattingen-Witten) haben beschlossen dieses Geld nicht zu investieren, im Augustinchen ab Sommer keine neuen Kinder aufzunehmen und es 2018 zu schließen.
Da ein Kindergartenneubau an der Dortmunder Straße(!) erst 2018 fertig werden soll und außerdem eine Notgruppe im ebenfalls sanierungsbedürftigen Kindergarten an der Sandstraße ab Sommer ausläuft, fehlen ab Mitte diesen Jahres in Witten und besonders in der Innenstadt weitere 40 Kindergartenplätze.
Initiative des Elternrats
Nach Bekanntwerden der geplanten Schließung des Augustinchens formierte sich rund um den Kindergarten und besonders im Elternrat Widerstand. Der Rat der Eltern, die nach Einkommen gestaffelte Kindergartenbeiträge zahlen, schrieb alle Ratsfraktionen an, äußerte sich ebenso wie die Kindergartenleitung kritisch in der Presse und startete eine Unterschriftensammlung.
Die Eltern schätzen die Fußläufigkeit, die gewachsenen Strukturen und den multikulturellen Charakter des Kindergartens. Der geplante Neubau an der Dortmunder Straße wird aufgrund seiner Lage außerhalb des Wohngebietes und seiner somit auch fehlenden Fußläufigkeit wird vom Elternrat „in einer Welt der chauffierten Kinder“ nicht als adäquater Ersatz angesehen.
Die Eltern finden es wichtig, dass ihre Kinder auf ihren eigenen zwei Füßen ihren Kindergarten erreichen können und fordern das die Kindergartenbetreuung da stattfindet wo die Kinder leben.
Stadt, Land, Kirchenkreis
Wie schon in der Einleitung erwähnt haben Misswirtschaft und Verschuldung in den letzten Jahren zu vielen Einsparungen bei Kindern und Jugendlichen geführt.
Der bei allen städtischen oder im Auftrag der Stadt betriebenen Gebäude zu findende Instandsetzungsstau, der immer wieder die Begründung für Schließungen liefert, muss endlich beendet werden.
Die Haushaltskonsolidierung für die es auch andere Alternativen wie z.B. einen Schuldenschnitt gäbe soll unserer Stadt zukünftig bessere Finanzen bringen. Ist es dafür angebracht an der Zukunft unserer Stadt den Kindern und Jugendlichen, die ja wohl später von diesen dann besseren Stadtfinanzen auch profitieren sollen, zu sparen?
Zeigt sich hier nicht vielmehr sehr signifikant das sehr falsche Verständnis ihrer Verantwortung in großen Teilen von Rat und Verwaltung?
Die Aufgabe der städtischen Volksvertreter und Verwaltung sollte vor allem in der Erfüllung der Bedürfnisse der Einwohner und auch mit Blick auf die Verschuldung nicht nur in einem guten Bilanzergebnis liegen.
Die Tatsache das unser Bundesland nur Kindergartenneubauten und auch nur die Betreuung von Kindergartenkindern unter drei Jahren fördert erscheint ebenfalls nicht dem Bedarf gerecht zu sein. Hier erscheint besonders die fehlende Förderung von Kindergartensanierungen mit Blick auf die bereits stark bebauten Innenstädte gerade im Ruhrgebiet als besonders unpassend.
Gerade in Zeiten von Migrations- und Integrationsdiskussionen sind Kindergärten mit gewachsenen Strukturen in den bewohnten Innenstädten aufgrund ihres oft multikulturellen Charakters als Ort gelebter Integration kaum zu ersetzen.
Auch der Kirchenkreis Hattingen-Witten sollte seine Entscheidung aus nachvollziehbar christlichen Gründen überdenken oder zumindest die Kindergartenleitung und den Elternrat aktiver in ihrer Kritik und ihrem Widerstand unterstützen.
Um unsere Zukunft müssen wir uns selber kümmern
Das Augustinchen ist nicht nur das Gebäude sondern vor allem die gewachsene Struktur von Kindern, Eltern und Erzieherinnen.
Sein multikultureller Charakter ist ein Sinnbild für die Zukunft der Gesellschaft in unserer Stadt aber auch in unserem Staat. Einen Ersatz egal welcher Art wird es für diesen Innenstadt-Kindergarten frühestens 2018 geben. Damit fehlen in der Innenstadt und damit in ganz Witten ab Sommer 40 weitere Kindergartenplätze.
Der geplante Neubau an der Dortmunder Straße wird aufgrund seiner Lage und der fehlenden Fußläufigkeit nie den Kindergarten im Wohngebiet ersetzen können.
Der Weg den Kinder auf ihren eigenen zwei Beinen zum Kindergarten zurücklegen wirkt sich auf ihre Wahrnehmung und Entwicklung mit Sicherheit anders aus als von Mama oder Papa dorthin chauffiert zu werden.
Unsere Innenstadt ist ein Wohngebiet und braucht somit Kindergärten genauso wie z.B. Altenheime und -residenzen.
Da das Augustinchen also eigentlich unersetzlich ist und eine Alternative zumindest den genannten Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen sollte möchten wir von AUF Witten hiermit den Kindern, den Erzieherinnen und auch den Eltern repräsentiert durch den Elternrat unsere Unterstützung in ihrem Widerstand anbieten.
Das Augustinchen darf nicht sterben!
Um uns selbst müssen wir uns selber kümmern.
Weitere Infos zu diesem Thema: